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Interview mit Peyman Blumstengel von Haltian Ltd.

09. Juli 2021

Büroräume effizient nutzen - Interview mit Peyman Blumstengel

Peyman Blumstengel, Haltian Ltd.

Büroräume sind kostspielig, Besprechungsräume oft ausgebucht, und die Pandemie hat die Nutzung von Gewerbeimmobilien auf den Kopf gestellt. Damit Unternehmen wissen, wie ihre Räume genutzt werden, hat das finnische Unternehmen Haltian eine clevere Lösung parat. Die Basis: intelligente IoT-Vernetzung und eine smarte Software. Peyman Blumstengel, bei Haltian zuständig für die DACH-Region, bringt uns das System im Gespräch näher.

Peyman Blumstengel, bei Haltian zuständig für die DACH-Region, spricht darüber, wie Unternehmen mehr über ihre eigenen Räume erfahren, die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz erhöhen und Services im Gebäude einfacher beauftragt und effizienter erledigt werden. Und so ganz nebenbei werden die Räume in puncto Hygiene pandemiegerecht auf Vordermann gebracht werden.

Herr Blumstengel, Haltian nutzt nicht nur das 5G Tech Lab von Wayra, dem Open Innovation Hub von Telefónica, sondern stellt seine Lösung auch Wayra direkt zur Verfügung. Worum geht es dabei?

Haltian hat mit Empathic Building eine Lösung entwickelt, die es einfacher für Mitarbeiter macht, mehr Zufriedenheit ins Büro zu bringen. 

Was heißt das genau?

Wir erstellen einen digitalen Zwilling von Unternehmensräumen. Er umfasst alles von Büros, Besprechungsräumen und Kaffeeküchen bis hin zu Toiletten, offenen Flächen und Rückzugsräumen. Im digitalen Zwilling wird auch die Einrichtung erfasst, wie Schreibtische, Konferenzsysteme, Beamer und so weiter. All das stellen wir als interaktives Bild über eine Web-Applikation bereit. Mitarbeiter können über ihr Smartphone bequem ihren Arbeitsplatz, einen Schreibtisch buchen, wenn sie zum Arbeiten ins Unternehmen kommen wollen. Vor Ort installieren wir 55-Zoll-Touch-Screens an den Eingängen der Etagen, auf denen sich die Mitarbeiter orientieren können. Der besondere Clou: Wir statten die Räume mit Sensoren aus, die Nutzung, Raumklima und andere Größen erfassen und stellen diese Informationen quasi in Echtzeit in diesem digitalen Zwilling zur Verfügung.

Echtzeitinformationen über die Raumnutzung? Wozu soll das gut sein?

Sie hilft jedem, der dort arbeitet. Denn wer kennt das nicht, dass etwa Besprechungsräume belegt sind, obwohl sie laut Buchungssystem frei sein müssten – oder umgekehrt, alle Räume werden als belegt angezeigt, dabei sind einige Besprechungen ausgefallen? Oder ein Mitarbeiter überlegt, kurzfristig ins Büro zu kommen, und will vorher wissen, ob er dort einen Platz zum Arbeiten findet. Gerade in der Pandemie mit ihren besonderen Hygieneregeln ist das eine tägliche Herausforderung. Sie verunsichert die Mitarbeiter im Zweifelsfall so stark, dass sie gleich zu Hause bleiben und gar nicht ins Office kommen.

Heißt das im Umkehrschluss, die Mitarbeiter werden vollständig überwacht?

Nein. Unsere Lösung ist selbstverständlich datenschutzkonform. Wir erfassen keine individuellen Personen, sondern anonyme Messgrößen wie Belegung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit et cetera. Das Sammeln der Belegungsdaten an Schreibtischen speziell ist nur dann erlaubt, wenn es keine dedizierten Schreibtische sind. In Deutschland wird uns immer sehr schnell die Frage gestellt, ob wir Kameras einsetzen, um beispielsweise die Raumbelegung zu erfassen. Dann können wir sehr entspannt antworten: Nein. Wir erfassen die Belegung per Infrarotsensor über die Temperatur. Das funktioniert sogar für den einzelnen Schreibtisch sehr gut. Der Nutzer bleibt anonym.

Büroräume effizient nutzen - Interview mit Peyman Blumstengel

So kann typischerweise die Darstellung der Räume von Wayra in Haltian Empathic Building aussehen.

Wie können wir uns eine solche Sensorinstallation für Büroräume vorzustellen?

Nehmen wir das Beispiel Wayra in München: Auf rund 1.000 Quadratmeter Fläche gibt es etwa 80 Sitzplätze plus Meeting-Räume, Kaffeeküche und so weiter. Dort sind gut 150 Sensoren installiert. Über sie können wir das Nutzungsverhalten erfassen. Dafür hat eine Person circa vier Stunden gebraucht. Eine Planung im digitalen Zwilling der Wayra-Räume diente als Grundlage für die Installation. Anschließend wurden die Sensoren in unserer Applikation über ihre ID mit ihren digitalen Zwillingen verbunden.

Stellt Haltian das gesamte System, also vom Sensor über die Infrastruktur zur Vernetzung bis hin zur Software für Analyse und Visualisierung der Daten?

Wir können ein komplettes System aufbauen, aber wir verstehen uns eher als offene Plattform und können die vielen Sensoren, die heute bereits in modernen Gebäuden installiert sind, in unsere Lösung integrieren. Auf spezielle Sensorhersteller sind wir nicht festgelegt. Typischerweise sind die Sensoren per Mesh, also über ein quasi selbst organisiertes und aufgebautes Netz miteinander verbunden. Die erfassten Daten gehen dann über ein Gateway als lokale Datensammelstelle an unsere Server in der Cloud. Und unsere Software macht die Daten dann quasi in Echtzeit auf der grafischen Darstellung der Büroräume sichtbar.

Warum ist Haltian eigentlich bei Wayra?

Zum einen legt Wayra einen Schwerpunkt auf Start-ups im Bereich Internet der Dinge. Und zum anderen bietet Wayra mit dem 5G Tech Lab eine hervorragende Möglichkeit, mit 5G zu experimentieren und Erfahrungen zu sammeln. Denn schließlich müssen die Sensordaten ja an unsere Software gesendet werden. Diese Vernetzung machen wir über Mobilfunk. Und 5G bietet dafür mit Bandbreite und Latenz ganz einfach die beste technische Basis. 

Lohnt sich denn der ganze Aufwand, wo es doch „nur“ um ein Raumbuchungssystem geht?

Mit unserem System können Unternehmen weit mehr machen. So können sie beispielsweise die reale Nutzung ihrer Räume auswerten. Die meisten Unternehmen wissen gar nicht, welche Bereiche wie stark genutzt werden. Die Büroaufteilung folgt oft weniger der objektiv erfassten Nutzung als vielmehr dem Head-Count und dem Bauchgefühl. Unser System schafft eine wirklich belastbare Basis für Planung und Neugestaltung von Räumen und deren Aufteilung.

Das dürfte gerade jetzt vielversprechend sein, wo Corona viele Unternehmen herausfordert, ihre Raumnutzung zu überdenken.

Schon während der Pandemie haben Unternehmen teilweise neue Designs und Möbel geplant und eingeführt. Allerdings wissen sie nicht, ob und wie diese neuen Elemente angenommen werden. Unsere Plattform erlaubt, Nutzungsdaten für die Experten in den Bereichen Personal, Facility-Management und Real Estate zur Verfügung zu stellen, sodass sie daraus sinnvolle Anpassungen ableiten können. Unsere Daten sind ehrlicher als Umfragen.

Außerdem liefern wir die Basis, Services des Facility-Managements zu verbessern: Das Reinigungspersonal kann ganz einfach nachschauen, welche Arbeitsplätze belegt waren, und braucht dann auch nur diese zu reinigen und zu desinfizieren. Es lässt sich zudem ermitteln, wann etwa Seife, Papierhandtücher und Desinfektionsmittel nachgefüllt werden müssen. Das sorgt für mehr Effizienz in der Bewirtschaftung der Räumlichkeiten.

Wenn wir uns nochmal den Angestellten zuwenden. Wie profitieren sie noch von ihrem System?

Um sie geht es uns bei Haltian im Wesentlichen. Jede und jeder soll die Räume einfach und unkompliziert nutzen können und sich wohl fühlen. Kommunikation ist ein urmenschliches Bedürfnis. Deshalb bieten wir in unserer Lösung beispielsweise eine Funktion an, über die Mitarbeitende im Digital Twin des Büros zeigen können, wann sie ins Office kommen und wo sie sich befinden. Gerade in einer hybriden Arbeitswelt ist es gut zu wissen, wann welcher Kollege vor Ort ist, um Face-to-Face-Meetings zu planen.

Büroräume effizient nutzen - Interview mit Peyman Blumstengel

Schnelle Orientierung über Buchungen, Räume und Kollegen vor Ort über Touch-Screens.

Hat Haltian weitere Anwendungsszenarien entwickelt, die über klassische Büroarbeitsplätze hinausgehen?

Ja, wir sind in Gesprächen mit Krankenhäusern und Flughäfen. Beides sehr komplexe Immobilien, in denen viele Menschen arbeiten. Unser System kann etwa ein Asset-Tracking integrieren. So lässt sich über Bluetooth-Beacons ermitteln, wo sich zum Beispiel der nächstgelegene Rollstuhl befindet. Das vereinfacht die Arbeit und beschleunigt die Hilfe, die dort geleistet wird.

Unser System lässt sich zudem auf andere Bereiche übertragen. So sind wir mit einem Projekt im Fußballstadion von Eintracht Frankfurt. Hier will man die Belegung der VIP-Lounges erfassen und die Luftqualität per Temperatur und CO2-Konzentration messen. Und bei Telefónica erfassen wir demnächst auf drei neu gestalteten Etagen im O2 Tower die Nutzung der Räume, um zu erfahren, wie die neuen Designs und Möbel von Mitarbeiter angenommen werden. Daraus will Telefónica für Veränderungen auf den anderen Etagen und an anderen Standorten lernen.

Haltian bietet Geräteherstellern seit 2012 Produktdesign- und Entwicklungsdienstleistungen. Thingsee, die von Haltian entwickelte IoT-Technologieplattform, ermöglicht schnellere IoT-Einführungen für massenhafte Implementierungen. 2018 wurde Haltian vom Marktforschungsunternehmen Gartner als „Cool Vendor“ für seine IoT-Services ausgezeichnet. Haltian Empathic Building ist ein intelligentes Gebäudewerkzeug, das darauf abzielt, unnötige Verwaltungsarbeit zu reduzieren, bessere Nutzererlebnisse zu schaffen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern. Durch ein besseres Wissen und Verständnis der Nutzung von Flächen und Räumen sowie des Verhaltens ihrer Mitarbeiter können Unternehmen ihre Gebäude wirklich menschenzentriert einrichten und schnell auf Veränderungen reagieren.

Haltian informiert auch auf dem IoT-Marktplatz von Telefónica in Deutschland. Über diesen Marktplatz können Sie sich ebenfalls mit Haltian in Verbindung setzen.

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